Samstag, 15. Juni 2013

Abenteuer auf dem Amazonas

Der Amazonas


Von Manaus stiegen wir ins Flugzeug in Richtung Dreiländereck Brasilien / Peru / Kolumbien. Von dort planten wir mit dem Schnellboot (12h Fahrtzeit) nach Iquitos (Peru) überzusetzen. Doch entgegen unseren Recherchen gab es diese Boote nicht täglich. Ferner war eine Bootsgesellschaft pleite, die andere Gesellschaft hat eine Warteliste von mehreren Tagen. Da wir Freitagabends ankamen, gab es nur Speedboote für den Dienstag. Gerade dieser Tag war Abflugstag in Iquitos, somit wären wir zu spät angekommen.


Die Motorradstadt Leticia (Kolumbien)


Also viel unser lässiger Schnellboottrip nach Iquitos ins Wasser. Nun hatten wir ein riesiges Problem: In fünf Tagen sollte unsere Maschine in Iquidos abfliegen und wir fanden kein Boot. Langsame Containerschiffe konnten wir benutzen. Wir hatten zwei zur Auswahl: ein langsames, welches an jedem Indianerdorf anhält und ein Schnelleres, welches auch besseren Komfort haben sollte und bereits am Montagabend in Iquidos sein sollte.
Dieses dreistöckige Schiff wurden uns auf keinem Fall empfohlen. Zu dreckig, zu gefährlich – Das Essen wird mit Flusswasser gekocht, ist somit nicht mal für Einheimische verdaulich. Doch wir hatten keine Wahl. Wir mussten solch ein Schiff nehmen. Wir entschieden uns natürlich für das bessere und reservierten eine Kabine. Denn Zeitangaben sind in Südamerika immer eine relative Sache, da sind Zeitplanschwankungen von einem halben Tag nichts ungewöhnliches.

Am Sinken...

Wir gingen am Samstagabend mit dem hilfsbereitem Hotelangestellten zum Abendessen an den Hafen. Tatsächlich lagen die beiden Boote im Hafen. Daniel witzelte noch: „Schau mal da, wird ein Schiff abgefrakt und sind noch Leute drauf“. Dann der Schock – der Angestellte brachte uns genau auf dieses Schiff – mit der Erklärung, dass das andere nun doch erst in drei Tagen auslaufe. Dann zeigt man uns unsere luxuriöse Kabine: …es war schlimmer, als in jeder Beschreibung beschrieben.



Unserer Kabine war nicht nach irgendeinem Standard. Es war stickend heiß und es gab keine Klimaanlage. Die Matratzen waren nicht schmutzig, sondern schwarz und schimmelig. Am Schlimmsten waren die Trittbrettfahrer, es gab in der Kabine garantiert mehr Tierchen als Menschen (280 Leute auf drei Stockwerken verteilt) an Bord. Eine Ameisenstrasse ging direkt am Kopfteil vorbei. Auf drei Quadratmetern Fläche gab es ein Doppelstockbett und eine zwei Zentimeter dicke Matratze wurde noch zusaetzlich als „drittes Bett“ hineingeschmissen. Der Restliche Raum „Flur“ war in der Kajüte nicht einmal breit genug für die Matratze. Unzumutbare Zustände.


Waschbecken

Wir taten alles, um nicht in dem Siff schlafen zu müssen. Eine Hängematte fürs Deck konnten wir von der Mannschaft für Stefan auftreiben. Über die „Matratzen“ stülpten wir kurzerhand unsere noch unbenutzten Regenponchos, damit wir wenigsten einigermaßen vor Krabbeltierchen  geschützt waren und keine Läuse bekommen. Darüber eine Decke und einen leichten Schlafsack. Dennoch lag man wie auf Plastik und wir schwitzen sehr.

Luxuskabine

Daniel konnte nicht schlafen. Er hatte Angst sich im Bett zu drehen. Also ging er auf die Kommandobrücke und beobachtete die Nachtfahrt. Der Kapitän steuerte sein Schiff nur über Seilzüge. Neben ihm stand ein Matrose, der der Beleuchter war. Der hatte eine defekte Handlampe in der Hand, die er immer einschaltete wenn der Kapitän einen Laut von sich gab. In der „Dunkelzeit“ schlief der Matrose und legte dabei seinen Kopf auf die Rehling. Ein Himmelfahrtkommando diese Nachtfahrt. Und eine Lampe die nur durch das Zusammenbringen von zwei blanken Drähten und nach einigem Schütteln zum Leuchten gebracht werden konnte.


Unser Schiff Carlos Antonio


Immerhin konnten wir den Raum abschließen. So kauften wir uns nach einer Nacht ohne Schlaf aber mit einigen Schnaken (wir fuhren durch Malariagebiet) am nächsten Tag Hängematten in Caballa Cocha auf dem Markt und ließen unser Gepäck sicher in den Kabinen. Nun konnten wir anfangen, die Amazonasfahrt zu genießen. An das Essen trauten wir uns allerdings nicht heran, zum Kochen wird das braune Flusswasser verwendet, weshalb wir zehn Dosen Thunfisch, 50 Brötchen und 15l Wasser aus Kolumbien mitgeschleift hatten.


Haengemattenlager


Kaum lagen wir in den Hängematten, waren wir total entspannt. Die Sonne schien und es war nicht heiss. Ab und zu ein kleiner Regenschauer. Vor uns ein endloses Flusspanorama und die Bäume des Regenwaldes änderten sich im Minuten Takt. Endlich konnten wir die Tierchen vergessen und die Seele baumeln lassen.


Amazonasufer



Das Schiff hielt entgegen den Absprachen an jedem Urwaldkaff an, immer dann wenn uns ein Indianer mit einer Taschenlampe anfunzelte, um weitere Güter oder Passagiere mitzunehmen. Manche wollten nicht aufs Boot, die wurden dann aufs Schiff gezwungen, das waren nämlich 70 Schweine und einige Kisten mit Hühnern und viele Kisten mit toten Fischen, aber auch unzählige Bananenstauden, so hatten wir dann bald unser Schiff bis zur letzten Ladeluke komplett voll. So wurde kurzerhand noch der Vorplatz mit Gütern vollgestellt.

Was nicht aufs Deck will wird gezwungen


Daniel konnte auch in der zweiten Nacht wieder nicht schlafen, da das Schlafen in einer Hängematte nur bedingt gut ist für lädierte Rücken. So konnte er die nächste Nachtfahrt beobachten, die der ersten noch eins draufsetzte. Nun hatten wir Nebel. Das ausleuchten des Ufers brachte also nichts. Ein Schiff zu fahren ohne elektronisches Hilfsgerät – bei Nacht – mit 280 Menschen, 70 lebendige Schweine,…  an Bord das war schon grenzwertig. Und tatsächlich kamen wir auf mehrere Sandbänke – die mussten dann mit verschiedenen Manövertricks wieder verlassen werden – und die Zeit rannte dahin.



Schweinelager

Dann um die Mittagszeit am Montag fragten wir den 1. Offizier und den Kapitän wegen der Ankunftszeit. Wir bekamen nur die Auskunft „wir sind im Zeitplan“. Etwaige Abflugzeiten in Iquidos interessierten hier niemanden. Die Passagiere sagten uns dass wir nie im Leben am Montagabend ankommen werden würden. Der Lademeister meinte es wird 5 Uhr morgens.
Um 4 Uhr morgens hielt das Schiff an einer Indianersiedlung. Drei Matrosen gingen mit leeren Kanistern von Bord, da das Schiff keinen Sprit mehr hatte. Alexander fragte den Indio am Bootssteg ob die Matrosen hier auch Diesel bekommen könnten. Klare Ansage: „nein – hier gibt es weit und breit kein Diesel“. Nun waren es noch drei Stunden bis zum Abflugtermin – Alexander fing an mit dem Indio einen Bootsführer auszukundschaften und klopfte an verschiedene Türen der Hütten. Dann erklärte sich einer bereit für 280 US Dollar uns in 45 Minuten nach Iquitos zu bringen. Wir wollten ja nicht sein Boot kaufen daher drückten wir den Preis auf 70 Dollar pro Person und in Windeseile verließen wir das Schiff.

Fahrt in die Morgendämmerung
Der Speedbootfahrer fuhr eine Minute und hielt dann am Ufer an. Er holte einen anderen Fahrer aus dem Bett und zu zweit (einer musste ja beleuchten) ging die Reise drei Minuten weiter bis zu einer schwimmenden Hütte. Dort klopfte man eine Frau aus dem Bett, bei der dann drei Liter Benzin gekauft wurden. Nun ging es aber ohne weitere Unterbrechungen zügig nach Iquitos, wo wir uns mit einem Mototaxi (umgebautes Motorrad mit Sitzbank und drei Rädern) zur Stadtmitte fahren ließen. Nach einer sehr kurzen Besichtigung der Stadtmitte fuhren wir dann mit dem Linienbus zum Flughafen, wo wir quasi direkt zum Flugzeug durchlaufen und einsteigen konnten.

>>> Bilder von der Amazonassifffahrt gibt es hier. <<< [51 Bilder]

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Lieber Leser,
gerne könnt ihr Kommentare hinterlassen.
Spam-Kommentare werden gelöscht.
Liebe Grüsse
Alexander